Guatapé & Medellín

Wieder auf dem Festland gelandet, setze ich mich direkt in den Bus nach Guatapé, einem wunderschönen bunten Örtchen am Peñol-Stausee gelegen. Nachdem ich im Hostel eingecheckt habe, erkunde ich die vielen Gässchen des Zentrums. Es gibt viele kleine Lädchen, Cafés und Restaurants. Auf dem Rückweg überrascht mich dann ein abendlicher Schauer.

Am nächsten Tag leihe ich mir ein Boot und schipper eine Stunde lang über den See. Richtig weit komme ich allerdings nicht, da der Motor doch eine überschaubare Leistung bringt. Es reicht allerdings aus, um etwas vom See zu sehen und die Piedra del Peñol zu entdecken, einen Felsen, der an einem Ausläufers des Sees aufragt.

Am Nachmittag besuchen ich diesen und erklimme die circa 700 Stufen der Treppe, die in die Felsspalte gebaut wurde. Oben angekommen hat man eine tolle Aussicht über die umgebende Landschaft mit den Hügeln und dem riesigen See.

Als ich wieder im Hostel bin, fängt es an zu regnen, weshalb ich mich entscheide, im Thai-Restaurant des Hostels zu Abend zu essen und nicht nochmal in den Ort zu gehen. Der Geräuschkulisse nach regnet es dann auch noch bis tief in die Nacht.

Am nächsten Morgen mache ich mich auf den Weg, einen „Berg“ hinauf zu einem Aussichtspunkt über den Ort. Der Weg ist allerdings recht anspruchsvoll aufgrund der Nässe. Teilweise sinken meine Sandalen ziemlich in den Morast ein. Der letzte Teil des Weges ist dann so zugewuchert, dass ich teilweise fast Kriechen muss unter knapp einem Meter hohen Baumstämmen und Geäst. Manchmal bin ich mir unsicher, ob ich noch auf einem wirklichen Pfad bin, bis plötzlich zwei oder drei Stufen in den Weg gebaut sind.

Für die Aussicht lohnt es sich allerdings und irgendwie hat es auch Spaß gemacht. Erst noch neblig, klart die Sicht in den nächsten zehn Minuten komplett auf. Für den Rückweg versuche ich einen anderen Weg, aber als ich nicht weiterkomme, gehe ich den gleichen sumpfigen Weg zurück.

Der Regen setzt heute eher ein, aber ich bin bereits zurück im Hostel und der Schauer ist auch nicht allzulang und so kann ich am Abend nochmal durch den Ort schlendern. Man könnte meinen, ich sei mitten in der Regenzeit, aber die sollte hier eigentlich erst Mitte April einsetzen.

Am Freitag fahre ich weiter nach Medellín. Am Busbahnhof angekommen, überquere ich in strömenden Regen eine Brücke, um zur Metro-Station zu gelangen. Ich kaufe mir eine Metro-Card für sechstausend Pesos und lade etwas Geld darauf. Dann warte ich darauf, dass der Regen etwas nachlässt, bevor ich mich wieder über die Brücke zur Bushaltestelle begebe, mit meiner neuen Karte bezahle und zum Hostel fahre.

Da der Regen am Nachmittag aufhört, begebe ich mich zur Metro-Station und fahre ein wenig umher. Zwischen den beiden Metro-Linien (Art S-Bahn) und den Metro Cables (Seilbahnen) kann man kostenfrei umsteigen (ca. 70 Cent die Fahrt), sofern man den Bahnhof nicht verlässt. Straßenbahn und Busse müssen separat bezahlt werden. Ich fahre einen Berg hinauf und wieder hinunter und muss aufgrund der Höhenunterschiede den Druck auf den Ohren ausgleichen. Dafür bekomme ich einen guten Überblick über die Metropole.

Für den nächsten Tag buche ich zwei unterschiedliche Walking-Touren. Nach 15 Minuten im Nieselregen lese ich mal meine E-Mails, um festzustellen, dass die Tour bereits eine Stunde zuvor wegen starken Regen abgesagt wurde. Zugegebenermaßen hat es eine Stunde eher noch heftiger geregnet, aber jetzt ist es eigentlich okay und in der Buchungsbestätigung hieß es noch, die Touren werden niemals aufgrund des Wetters gecancelt. Naja zumindest war ich nicht der einzige, der hier jetzt dumm in der Gegend rumsteht. Sechs andere Personen haben auch auf die Tour gewartet.

Ich gehe also nun ohne Tour ein wenig durch die Stadt (ca. 4 Stunden). Die Stadt ist für eine Metropole doch recht fußgänger- und fahrradfreundlich. Genau wie bei den öffentlichen Verkehrsmitteln hat man hier viel in den letzten Jahren getan. Außerdem ist es recht grün mit vielen Parks und den umgebenden Hügeln.

Bis auf ein paar Kirchen sucht man eine historische Altstadt hier allerdings vergeblich. Medellín ist eine moderne Großstadt und die meisten Gebäude sind eher zweckmäßig. Hässlich ist die Stadt allerdings trotzdem nicht und so kann man hier gut verweilen.

Am Nachmittag, als ich auf meine Tour durch die Comuna 13 warte, kommt dann sogar ein wenig die Sonne raus.

Die Comuna 13 war das wohl gefährlichste Stadtviertel von Medellín. In den 80er und 90er Jahren wurde hier die höchste Mordrate der Welt verzeichnet. Der Grund: Das Stadtviertel ist der Hauptumschlagspunkt für Drogen in der Pazifik-Region Kolumbiens. Bis zum Tod vom berüchtigten Drogenbaron Pablo Escobar I’m Jahre 1993 mied selbst die Polizei das Viertel. Aber auch danach blieb das Viertel unter Kontrolle der Guerillas. Anwohner erzählen, dass es an der Tagesordnung war, über Leichen zu steigen.

In folgenden Jahren versuchte die Regierung in 22 Militäroperationen, das Viertel von den Guerillas zu befreien, die allesamt scheiterten. In der 23. Militäroperationen „Operation Orion“ vom 16. bis 20. Oktober 2002 gelang es dem neugewählten Präsidenten Uribe, das Viertel wieder unter Kontrolle zu bringen. Möglich war dies durch die Unterstützung rechten Paramilitärs, mit denen er eng zusammenarbeitete und aufgrund dessen er zu einer der umstrittensten Personen des Landes wurde. Zwei Jahre lang kontrollierten die Paramilitärs das Viertel und sorgten für Sicherheit. Noch heute werden mehr als 300 Personen vermisst, die in dieser Zeit vorschwunden sind. Die Anwohner vermuten diese auf der am gegenüber liegenden Berghang liegenden Mülldeponie. Mein Guide meinte, dass man dort mehr als tausend Tote vermute. Ausgrabungen in den letzten vier Jahren förderten allerdings nichts zu Tage, möglicherweise auch deshalb, weil der größte Teil der Regierung immer noch aus Militärs besteht, von denen nicht wenige zu Rechenschaft für die Morde gezogen werden könnten.

Ab 2003 förderten die Bürgermeister die Entwicklung der Armenviertel, darunter auch Comuna 13 durch den Bau von Kindergärten, Schulen, Spielplätzen, Parks und die Anbindung an die Metro sowie den Bau der Seilbahn. So erhielt das Viertel einen gewissen Wandel, allerdings immer wieder unterbrochen durch Bandenkriege um die Vorherrschaft im Drogenhandel.

2010 wurden sechs Freiluft-Rolltreppen in den eng bebauten Steilhängen des Viertels installiert. Das 6-Millionen-Dollar-Projekt wurde kontrovers gesehen. Viele Anwohner waren der Meinung, dass man das Geld sinnvoller nutzen könnte. Allerdings erleichterten die Treppen die Möglichkeiten der Arbeitswege und des Handels und in den letzten Jahren sind die Rolltreppen zusammen mit der interessanten Historie der Comuna 13 zu einem der touristischen Hotspots Kolumbiens geworden. In Folge dessen etablierten viele Geschäfte und Restaurants entlang der Hauptstraße. Viele Jobs sind entstanden, unter anderem als Tourguides. Mein Guide sagte, in seiner Jugend war es „cool“, sein Geld durch Drogentransport zu verdienen, da man keine Möglichkeiten hatte. Er hätte sich nicht vorgestellt, einmal Englisch zu sprechen und Leuten sein Viertel zu zeigen.

Heute ist die Comuna 13 das Viertel des Graffitis und Hip Hop. Viele der Graffitis zeigen die dunkle Geschichte des Gebiets. Trotz des stark gestiegenen Tourismusaufkommens ist es immer noch ein Drogen-Hotspot. Von nächtlichen Spaziergängen abseits der Hauptstraßen würde ich daher abraten. Aber das gilt wohl generell für Lateinamerika und alle Großstädte. Ich habe mich während der Tour zu jeder Zeit sicher gefühlt.

Am nächsten Tag ist es noch regnerischer. Dennoch besuche ich den botanischen Garten, den man, nahe der Universität gelegen, kostenlos besuchen kann. Es ist eines der vielen grünen Gebiete, die die Stadt zu bieten hat.

Am Nachmittag geht es dann in den etwas außerhalb gelegenen Park und Wald Arví, den man mit einer 20-minütigen Seilbahnfahrt für rund 3 Euro erreichen kann. Allerdings ist es dort etwas schwierig, die interessanten Wege zu finden, da es einfach ein Waldgebiet mit einigen Straßen und vielen kleinen Wegen ist. Ich verbringe dort ein paar schöne Stunden, obwohl ich dabei komplett durchnässt werde.

Am Montag geht es nun weiter in den nächsten Ort. Der erste Tag seit einer Woche ohne Regen und ich sitze im Bus…

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