Nachdem wir uns einen Tag lang die Altstadt von Bogotá angeschaut haben – meine Schwester ist am Abend zuvor mit nur ein wenig Verspätung gut gelandet – fliegen wir am nächsten Morgen nach Leticia ins kolumbianische Amazonasgebiet.

Bereits aus dem Flugzeug sieht man bei der Landung den wasserreichsten Fluss der Welt. Leticia liegt an einem Nebenarm des Amazonas mit zwei vorgelagerten kleinen Inseln, hinter denen der eigentliche Fluss fließt. Auf der anderen Flussseite liegt Peru, auf dieser Seite ist es ein fließender Übergang in die brasilianische Stadt Tabatinga, das Amazonas-Dreiländereck.

Grenzen gibt es hier nicht wirklich. Man kann mit Taxi, Boot oder zu Fuß einfach zwischen den Ländern hin und her wechseln. Entsprechend gelten auch keine Einreisebestimmungen wie Covid-Tests oder ähnliches. Welchen Stempel man im Pass hat, wird dann erst am Flughafen bzw. bei Langstreckenbooten geprüft. Will man in ein anderes Land weiterreisen, muss man sich die Stempel explizit bei den entsprechenden Behörden abholen.

Die Stadt Leticia selbst, die Magdalena und ich uns dann am Nachmittag anschauen, hat nicht wirklich viel zu bieten, außer wenn sich am Nachmittag gegen fünf Uhr die kleinen grünen Papageien im Park sammeln und um die Wette brüllen.
Wir buchen für eine Million Pesos pro Person eine viertägige Tour, die am nächsten Morgen um acht Uhr startet. Wir verlassen den kolumbianischen Hafen und legen auf der anderen Flussseite erstmal an einem Hausboot-Laden an, um Vorräte einzukaufen. Vermutlich ist der Einkauf in Peru einfach günstiger. Standardwährung im Geschäft ist allerdings der brasilianische Real. Ich kaufe brasilianisches Bier ein und zahle mit kolumbianischen Pesos. Dass irgendjemand mit Soles zahlt, habe ich nicht erlebt. Wahrscheinlich weil es einfach keine nahe peruanische Stadt gibt, in denen man welche bekommt.

Von dort aus geht es mit dem schmalen Boot den breiten Fluss hinauf. Der Amazonas ist hier zwischen einem und vier Kilometern breit, je nachdem wie viele Inseln, Nebenflüsse und Zuflüsse an den entsprechenden Stellen sind. Einige der Inseln werden am Ende der Regenzeit möglicherweise nicht mehr dort sein, während eine andere Insel nur mit Gras bewachsen ist, weil es sie vor vier Jahren noch gar nicht gab. Nun wird dort immer mehr Schlamm angespült und die Insel wächst.

Jedes Mal, wenn wir den Motor abschalten, um Delfine im Wasser zu beobachten, werden wir recht zügig wieder zurückgetrieben, sodass wir diverse Stellen mehrfach passieren. Nach zwei Stunden legen wir an, um den Wald zu Fuß zu erkunden.
Wirklich etwas entdecken tun wir an dieser Stelle aber nicht. Als wir allerdings bei einem Haus einer hier lebenden Familie anlegen, entdecken wir ein Faultier in einem recht niedrigen Baum. Der junge Sohn der Familie klettert daraufhin in den Baum und holt das Tier herunter. Nachdem Magdalena es ein paar Minuten auf dem Arm hatte, nehme ich es entgegen und setze es zurück in den Baum.

Eine halbe Stunde später erreichen wir unsere an einer Lagunge liegende Unterkunft für die Nacht, wohl es erst einmal ein Mittagessen und dann Entspannung in der Hängematte gibt, bevor am Nachmittag nochmal auf die Suche nach Delfinen gehen, diesmal aber kein Glück haben.

Nach einem schönen Sonnenuntergang geht es zu Fuß in den Wald, um die Geschöpfe der Nacht zu suchen. Wir entdecken allerlei Spinnen, Frösche und Skorpione.

Beim Abendessen haben wir dann Besuch von Moriz, dem Nachtaffen, der offenbar hier wohnt und überhaupt nicht scheu ist, sondern eher ziemlich nervig werden kann. Bevor es ins Bett geht, betrachte ich dann noch den Nachthimmel. Es gibt so viele Sterne in dieser klaren Nacht, dass es fast unmöglich scheint, bestimmte Sternbilder auszumachen. Dafür ist die Milchstraße erkennbar. 🙂

Gegen vier Uhr erwache ich durch einen Schrei, da sich Moriz offenbar in die Hängematte einer anderen Touristin verirrt hat. Ich bin froh, dass ich ein Zimmer mit Bett habe, bei dem ich die Tür schließen kann. Um halb sechs schaue ich mir dann die Morgendämmerung über der Lagune an, bevor ich mich nochmal bis zum Frühstück hinlege.

Nach dem Frühstück geht es mit dem Boot über die Lagune und dort zu Fuß in den Wald, um Flora und Fauna zu erkunden. Im Juli bis September steht das Wasser hier so hoch (ca. 4 Meter höher), dass das ganze Gebiet überschwemmt ist. Wir sehen diverse Bäume mit Stacheln und teilweise giftiger Flüssigkeit, die früher für die Jagd verwendet wurde, Palmen, Kautschuk- und die riesigen Ceiba-Bäume, den alles überragenden Könige des Dschungels.

Wir kosten diverse hier wachsende Früchte, die sonst nur von Affen gegessen werden, und andere, wie die Lulo-Frucht, die man hier auch überall als Saft kaufen kann. Vögel sehen wir auch einige. Adler, Geier, Reiher, Ibisse, Eisvögel und weitere! Aras und Tukans leider nur im Flug! Wir erreichen die Unterkunft gerade rechtzeitig, bevor der erste Schauer der Tour einsetzt.
Am Nachmittag bauen wir unser Nachtlager auf. Denn die nächste Nacht findet in der Wildnis statt. Wir fahren ein Stück über die Lagune und legen dann zwischen den Bäumen an. Wir suchen passende Bäume für die drei Hängematten (unsere beiden und die vom Guide) und hängen sie auf. Dann werden die Mosquitonetze darüber befestigt und darüber dann eine Plastikplane. Zum Schluss sammeln wir etwas Holz für ein Feuer. Ich muss sagen, das Lager sieht ziemlich gut aus.

Nach dem Abendessen, welches wir wieder im Haus einnehmen, suchen wir nach Kaimanen im Wasser. Hier und da entdeckt die Taschenlampe ein paar leuchtende Augen, aber die tauchen jedes Mal zu zügig ab.
In meiner Hängematte schlafe ich trotz der ungewohnten Umgebung fast direkt ein. Ich wache nicht einmal auf, als der Regen einsetzt, während die andere Gruppe mitten in der Nacht zum Haus zurückkehrt, weil sie leider keine Planen hatten. Ich hingegen habe eine der erholsamsten Nächte seit langem.

Am dritten Tag tun sich beide Gruppen für eine vierstündige Wanderung von der einen Unterkunft zur nächsten zusammen. Wir werden mit dem Boot auf der anderen Seite der Lagune abgesetzt und laufen los, von Peru nach Brasilien. Ich schaffe es direkt zweimal, die tiefsten Schlammstellen zu finden, sodass beide meine Gummistiefel bereits nach einer halben Stunde mit Wasser gefüllt waren. Magdalena findet, es sah sehr lustig aus. 😅
Dann setzt der Regen ein und auch die anderen werden nass. Drei Stunden lang hält der recht heftige Regen an, während wir durch Schlamm wandern, Flüsschen auf Baumstämmen überqueren und weitere Pflanzen kennenlernen. Tiere finden wir aufgrund des Regens leider keine.

Schließlich hört der Regen auf, bevor wir kurz danach an einem Fluss enden, wo wir circa eine Stunde auf unser Boot warten, da der Weg zu Wasser deutlich länger ist. Ein paar von uns nutzen die Zeit dazu, im Fluss schwimmen zu gehen. Mit dem Boot dauert es dann nochmal eine halbe Stunde bis zu unserer neuen Unterkunft, die wieder auf peruanischer Seite liegt.
Da wir bisher aufgrund der Weitläufigkeit und des Wetters keine Affen gesehen haben, besuchen wir am Nachmittag ein kleines indigenes Dorf (sechs Häuser) mit einer Tierauffangstation, wo sich einzelne Tiere, die keine Gruppe mehr haben, aufhalten, aber auch jederzeit gehen können. Verschiedene Affenarten entdecken wir hier, die teilweise an einem hochklettern. Der blöde Totenkopfaffe beißt mir in den Bauch, kommt dabei aber nicht durch das T-Shirt!

Danach werden noch einmal Delfine beobachtet. Diesmal entdecken wir auch einen pinken Amazonasdelfin. Ob der aber wirklich pink oder doch eher grau ist, lässt sich in der einsetzenden Dämmerung nicht wirklich erkennen.
Am Abend suchen wir noch einmal nach Kaimanen und können diesmal nicht nur rote Augen, sondern auch mal einzelne Umrisse der Tiere entdecken, bevor diese abtauchen.
Am letzten Tag, der wettertechnisch wieder besser aussieht, gehen wir angeln. In zwei Stunden zerstöre ich eine Angelsehne, weil sich der Haken einem Stamm im Wasser verfängt und fange ständig Äste, wenn ich die Angel zu ruckartig aus dem Wasser reiße… Eine Sardine und drei Piranhas fange ich dann aber doch noch, von denen zwei allerdings so klein sind, dass sie zurück ins Wasser geworfen werden.

Magdalena fängt währenddessen ganze neun Piranhas. So haben wir letztendlich ein gutes Mittagessen zusammen, bevor am Nachmittag zurück nach Leticia geht.

Den verbleibenden Tag vor unserem Rückflug nach Bogotá nutzen wir, um uns einmal auf die Brasilianische Seite zu begeben, ansonsten aber größtenteils auszuruhen, da es ein sehr drückend heißer Tag ist, der in einem heftigen Abendschauer ändert.

Und dann geht es wieder zum Flughafen!
Kommentar verfassen