Die Geschichte beginnt mit einer dreistündigen Busfahrt nach Quito am 24.12.2021. Die Berge ziehen an mir vorbei. Ich genieße die Fahrt und beobachte die Natur, die an meinem Fenster vorbeizieht. Am Terminal in Quito wechsele ich in den städtischen Bus und fahre bis in die Innenstadt, von wo aus ich zu meinem Hostel laufe.
Nachdem ich mein Gepäck abgelegt habe, begebe ich mich zum Gesundheitszentrum, um eine Impfung zu erhalten. Leider ist dieses aber geschlossen. Auf einem Schild steht: Impfungen Montags bis Freitags 9 bis 15:30. Ich schaue auf die Uhr. Es ist Freitag, 13 Uhr. Von einer Schließung am Heiligabend steht weder hier noch auf der Website etwas, aber es bleibt dabei. Die Tür ist zu.
Unvollendeter Dinge ziehe ich wieder ab und gönne mir stattdessen ein Eis in der Altstadt. Es ist ein sonniger warmer Tag, was in der Stadt der ständigen Bewölktheit eine große Besonderheit ist. Anschließend bleibe ich noch etwas auf dem Theaterplatz in der Sonne sitzen.

Am Abend versuche ich im Restaurant des Hostels einen Platz zu bekommen, aber alle Tische sind belegt. Stattdessen nehme ich also die direkt gegenüber liegende Brauerei, die mir tatsächlich erst heute aufgefallen ist, obwohl ich nach meiner Ankunft in Ecuador bereits drei Nächte in diesem Hostel verbracht habe (für meine erste Impfung und das Erkunden der Altstadt). Ich bestelle ein hauseigenes Bier und eine recht gute Pizza (habe in Zentral- und Südamerika nicht die besten Erfahrungen mit Pizza gemacht).

Da ich auch dort mit niemandem ins Gespräch komme, kehre ich zeitig in mein Hostelzimmer zurück, reaktiviere meinen Netflix-Account und schaue bis spät in die Nacht irgendwelche vorgeschlagenen Weihnachtsfilme.
Am nächsten Tag begebe ich zur „Mitad del Mundo“, Mitte der Welt, der Äquatorlinie im Norden von Quito. Im Museum erfahre ich einiges über die Stämme des Amazonas, wie sie zum Beispiel die Herstellung von Schrumpfköpfen aus den besiegten Feinden in der Vergangenheit.

Dann werden ein paar Experimente durchgeführt. Balancieren mit geschlossenen Augen auf der Äquatorlinie. Platzieren eines Eis auf einem Nagelkopf, was angeblich nur hier funktioniert. Es ging erstaunlich einfach, aber ich muss es wohl nochmal woanders probieren. Ablaufen lassen eines Waschbeckens auf dem Äquator, zwei Meter nördlich und zwei Meter südlich. Tatsächlich erzeugt der Abfluss einen Strudel in unterschiedliche Richtungen, auf der Linie fließt es bis kurz ver Schluss ganz ohne Strudel ab.

Danach will ich eigentlich noch den Park mit dem Äquatormonument besuchen, werde allerdings abgewiesen, weil ich keinen vollständigen Impfschutz vorlegen kann. Das erste Mal in 9 Monaten, dass ich wegen fehlender Impfung nicht weiterkomme. Also mache ich nur ein Foto aus der Ferne und kehre in die Innenstadt zurück.

Im Zentrum beobachte ich das Treiben. Auf dem zentralen Platz sind Micky Mäuse mit Weihnachtsmänteln unterwegs und erfreuen die Kinder. Die Straßen ringsherum sind ziemlich überlaufen. Menschen am Straßenrand verkaufen Geschenke, Geschenkpapier und diverse Kleinigkeiten. Keine Ahnung, ob das der Verkauf ungewollter Dinge ist oder einfach nur der Schlussverkauf kleinerer Händler.

Am Abend will ich eigentlich ins Kino gehen. Am Eingang der Mall werde ich allerdings erneut nach meinem Impfnachweis gefragt und so kehre ich ins Hostel zurück. Ein drittes Mal passiert mir dasselbe an einem größeren Supermarkt, aber die meisten Geschäfte sind weiterhin zugänglich.
Für die nächsten drei Tage habe ich eine Tour in die Berge gebucht. Der Transporter fährt eine Stunde in Richtung Süden und dann eine Weitere über Kopfsteinpflaster-, Schotter- und Sandwege zu einem Hostel mitten im Nirgendwo. Das nächste Haus ist über drei Kilometer entfernt.
Nach einem Mittagessen geht es zu einem Wasserfall. Wir ziehen uns Gummistiefel an und machen uns auf den Weg, denn der Weg führt durch Schlamm und zu großen Teilen durch den Fluss. Da es die ganze Zeit am Nieseln und nicht wirklich warm ist, halten wir am Wasserfall nur kurz und kehren dann über einen anderen Weg zurück.

Den Abend verbringe ich am Kamin und wärme mich wieder auf.
Der zweite Tag in den Bergen startet um sieben Uhr mit dem Frühstück, da wir uns bereits um acht Uhr, wieder in Gummistiefeln, auf den Weg machen. Zu viert (Zwei Amerikaner, ein Volunteer des Hostels aus Hawaii als Guide und ich) stiefeln wir durch den Schlamm und den Wald die Hügel hinauf. Der Weg ist machbar, da die Sonne an diesem Morgen strahlt und der Weg nicht zu schlecht ist. Dennoch sinke ich ein paar Mal bis über die Knöchel in den Schlamm ein.

Nach einer Stunde wird der Weg flacher und leichter. Aber eine weitere Stunde später geht es dann richtig an den Aufstieg. Die beiden Amerikaner geben auf und kehren um. Zu zweit kämpfen wir uns weiter nach oben und erreichen nach insgesamt drei Stunden den Gipfel des Pasochoas auf 4200 Metern, circa 600 Meter über dem Hostel. Der Hund, der uns vom Hostel gefolgt ist, hat den Punkt, ebenfalls erreicht.

Um elf Uhr ist die Sicht immer noch hervorragend und so können wir die ganze Umgebung mit den verschiedenen Bergen sehen. Sogar über ganz Quito reicht die Sicht. Es ist wirklich toll! Nach einer Pause und einem Snack machen wir uns wieder an den Abstieg.
Da wir gut in der Zeit liegen, machen wir einen Umweg durch einen interessanten Wald mit sich pellenden Bäumen bis hin zu einer kleinen Höhle. Der Weg ist allerdings ziemlich anstrengend und mehr eine Schlammschlacht als alles andere. Zweimal sitze ich komplett im Schlamm, einmal gibt ein mehr als faustbreiter Ast, an dem ich mich festzuhalten versuche, nach. Alles hier ist feucht und morsch.

Um 13:15 Uhr sind wir pünktlich zum Mittagessen wieder zurück. Da ich noch nicht genug habe, schließe ich mich am Nachmittag erneut der Wasserfalltour an. Der Himmel hat sich etwas zugezogen, aber das Wetter ist immer noch gut und so schaffen wir es diesmal bis zu einem zweiten Wasserfall, in dem fünf von uns im eiskalten Wasser baden gehen. Auf dem Rückweg werden wir dann aber doch vom Regen erwischt, ein ordentlicher Schauer, der mich komplett durchnässt.

Im Hostel nutze ich den Jacuzzi, um mich wieder aufzuwärmen und meine müden Beine zu entspannen. Der Abend wird wieder am Kamin verbracht.
Am nächsten Tag geht es zum Basecamp des Cotopaxis. Anderthalb Stunden Ruckelpiste bis zum hochgelegenen Parkplatz und dann nochmal 400 Höhenmeter Aufstieg bis zur Schneegrenze auf 5000 Metern. Bei der Rückfahrt entdecken wir dann noch einen Wolf, der es sich auf der Straße gemütlich gemacht hat.

Am Nachmittag geht es zurück nach Quito. Langsam habe ich genug von den Wegen hier. Das ist auf Dauer ja übelerregender als Achterbahn. Ich bin echt froh als wir endlich wieder die normale Straße erreichen.
Am Morgen des 29. Dezember bekomme ich dann endlich meine zweite AstraZeneca-Injektion. Danach geht es in den touristischen Ort Baños de Agua Sagrada oder üblicherweise kurz Baños. Der Ort liegt auf circa 1800 Metern in einem Tal zwischen zwei Berghängen, an einem Fluss, der circa 50 Meter unterhalb des Ortes fließt.

Vier volle Tage verbringe ich dort. Am ersten Tag überwinde ich Tausend Höhenmeter entlang der einen Bergkette. Der Weg führt mich vorbei an verschiedenen Aussichtspunkten zur Casa del Arbol, von wo aus man eine gute Aussicht auf den nahegelegenen Vulkan hat.

Unterwegs halte ich an einer großen Schaukel die über eine Seilwinde nach oben gezogen wird und die ich gegen ein Entgelt von zehn Dollar mit Gurt und Helm verwenden darf. Das Adrenalin, das beim ersten Fallen durch die Adern ging, war schon gigantisch. Coole Erfahrung!
Beim Abstieg bin ich dann einem deutschen Schäferhund begegnet. Ich bin es ja gewohnt, von den herumlaufenden Hunden angekläfft zu werden, aber normalerweise weichen diese trotzdem vor einem zurück. Jener hingegen schnappt stattdessen nach meiner Hose, sodass ich zurückweiche und einen anderen Weg suche. Eine Erfahrung, auf die ich hätte verzichten können! Der Rest des Abstiegs verläuft dann ereignislos, nur das ich bei jedem Hund zusammenschrecke.
Den nächsten Tag nutze ich zur Entspannung inklusive Massage, bevor es am Silvesterabend in den Ortskern geht. Figuren aus Pappmaché, verschiedene Zeichentrickfiguren, Monster oder teilweise menschengroße Puppen, sogenannte Muñecas, zieren die Straßen und Autos und wünschen ein frohes neues Jahr.

Traditionell um Mitternacht werden diese verbrannt, um Sünden und böse Geister zu vertreiben. Da ich ziemlich viele Pappmaché-Viren gesehen habe, versucht man wohl unter anderem Covid zu vertreiben. Während das Feuer brennt, springen die Leute darüber. Ob das irgendeine Bewandtnis hat oder nur dem Spaß dient, habe ich nicht herausgefunden.
Ein weiterer Brauch hier sind Männer in Frauenkleidern, die die Witwen der zu verbrennenden Puppen symbolisieren, Autos anhalten und Spenden einsammeln. Es war ein recht lustiger Anblick auf der Hauptstraße.
Auch Kinder dürfen an diesem Tag Straßensperren errichten und Geld für Süßigkeiten erbitten. Und einige Personen sind an diesem Tag als Engel, Teufel, Dämonen oder auch anders verkleidet. Tendenziell viele Bräuche, die mich stark an den rheinischen Karneval erinnern.
Normales Feuerwerk gibt es dann aber auch, wobei die Menge, die ich gesehen habe, dann doch recht überschaubar war. Wahrscheinlich zu teuer und es ist ja auch nur ein kleiner Ort.
Stattdessen habe ich einige Pärchen gesehen, die einen Feuerballon aus Papier in die Luft steigen lassen haben. Dann wird bis spät in die Nacht im Rahmen der Familie getanzt und gefeiert. Ich kann sagen, dass um fünf Uhr, als ich aufgewacht bin, noch laute Musik draußen lief.
Am Neujahrstag mache ich mich auf den Weg zu einer neuen Wanderung entlang des Flusses, um einige Wasserfälle zu entdecken. Der führt auf und ab, verzweig sich öfters und ich weiß nicht genau, welcher der richtige ist. Mehrfach muss ich an einer Sackgasse oder weil sich der Pfad in der Wildnis verliert, kehrt machen. Ich kämpfe mich teilweise durchs Unterholz und Dornen oder klettere halb rutschend den Hang hinunter, um den Weg wieder zu finden. Auf Wiesen ist es besonders Schlimm, weil der Weg nicht erkennbar ist oder zu viele Pfade durch Tiere getrampelt wurden. An einer Stelle komme ich gar viermal vorbei, um den korrekten Weg ausfindig zu machen.

Schön ist es auch, wenn auf einem schmalen Pfad, zu einer Seite Berg, zur anderen Seite Abhang, plötzlich Pferde, Esel oder Kühe im Weg stehen und du dich an ihnen vorbeischieben musst. Hat mir teilweise schon Sorgen gemacht, ob eines der Tiere austritt. Nach 4 Stunden für 12 Kilometer erreiche ich aber schließlich eine Seilgondel, die mich zurück über den Fluss bringt, wo ich noch ein Abendessen zu mir nehme, bevor ich in den Bus zurück zum Ort steige.
Das Abendessen war toll. Es gab im Restaurant einen Teich mit Fischen. Man hält die Angel hinein und der Fisch, der angebissen hat, wird zubereitet. Ich hätte allerdings vielleicht erst zurückfahren sollen, denn als ich das Restaurant verlasse, sehe ich die Autos stehen.

Der Bus, der kurze Zeit später auftaucht, benötigt geschlagene 2,5 Stunden zurück zum Ort. Ich hätte in derselben Zeit laufen können, aber nach der Wanderung und bei einer vollen Straßen am Steilhang mit mehreren Tunneln vielleicht nicht die beste Idee. So sitze ich also im Bus, warte und bange teilweise, wenn der Bus meines Erachtens nach zu nah an den Abgrund fährt. Schließlich komme ich aber wieder an und falle erschöpft ins Bett. Trotz der Strapazen mit dem Wanderweg, einigen Kratzern und Splittern und der Busfahrt, kann ich im Nachhinein sagen, dass es doch Spaß gemacht hat.

Am 2. Januar mache ich nur eine kurze Wanderung, bevor es heute (3.) zum nächsten Ort weitergeht.
Kommentar verfassen