Cóndor Puñuna

Nach einer Nacht in dem hübschen Städtchen Cuenca, meinem Eingang in das Hochland von Ecuador, machte ich mich auf den Weg in das Dorf Alausí, circa drei Busstunden entfernt.

Im Regen des Nachmittags schaute ich mir den Ort an und erklomm in circa fünf Minuten den Aussichtspunkt von Alausí. Zum Glück sollte ich am nächsten Tag besseres Wetter bekommen.

Mein ursprünglicher Plan war, mit der Bahn zur Teufelsnase (Nariz del Diablo) zu fahren, einer Berg-/Felsformationen in der Form einer Nase.

Allerdings fuhr die Bahn aufgrund von Corona nicht. Lohnt sich für ein bis zwei Personen wahrscheinlich nicht. Und vermutlich war ich der einzige Tourist in Alausí an diesem Sonntag. So suchte ich in Onlinekarten nach einem Fußweg, fand aber keinen. So entschied ich mich stattdessen zur Aussicht Cóndor Puñuna nahe der Nase zu wandern, was eine sehr gute Entscheidung war.

Ich folgte einer Straße an den Bahnschienen bis ich den Ort hinter mir gelassen hatte. Kurz nachdem ich Alausí verlassen hatte, fand ich einen kleinen Wasserfall, der von den Bahnschienen oberhalb auf die Lehmstraße prasselte. Der Bach überquerte die Straße und viel dann weiter in die Tiefe. Auf der Straße war lediglich eine kleine Bodenwelle aufgeschüttet, um den Bach daran zu hindern, die Straße entlang zu fließen.

Etwas später entdeckte ich einen kleinen Hügel, zu dem hinter einem durchtrennten Stacheldrahtzaun ein kleiner Trampelpfad empor führte. Durchdrennte oder zurechtgebogene Zäune weisen in der Regel auf inoffiziell geduldete Wege hin, so wie ich hier gelernt habe. Also folgte ich dem Pfad hinauf zu einer alten Feuerstelle, von der ich einen ersten Überblick über das Tal erhielt.

Zurück auf der Straße überquerte ich die Bahnschienen, die sich nun in Serpentinen richtig Tal schlängelten und folgte stattdessen einem kleinen Pfad entlang der Bergwand. Der Pfad führte langsam bergauf, zur Linken den Berg, zur Rechten das Tal, in dem die Bahnschienen tief unter mir entlang eines Flusses führten und direkt dahinter eine mindestens genauso hohe Bergkette.

Ich folgte dem Weg weiter. Die Steilhänge wurden nach und nach zu einer Hügellandschaft mit Feldern. Ich traf auf ein Paar mit zwei Kühen und da der Weg sehr schmal war, stieg ich einen Meter nach oben auf das Feld. Der einen Kuh war ich aber wohl nicht geheuer, denn sie wich vor mir zurück rutschte einen knappen Meter nach unten auf das Feld auf der anderen Seite und riss ihren Führer fast hinter. Ich zog mich weiter auf das Feld zurück, der Bauer zog an der Kuh, die sich muhend den Anhang wieder hinaufstemmte und langsam an mir vorbeiging.

Weiteren Personen begegnete ich nicht bis ich an einer Kreuzung nach rechts abbog und nicht weiter dem Berghang folgte sondern nun einem Bergrücken mit auf beiden Seiten mehr oder weniger stark abfallenden Wänden.

Nach kurzer Zeit kam ich an ein Tor, das gerade geöffnet wurde und ich zahlte zwei Dollar, um den Ort zu besichtigen. Einen Kilometer später entlang des Bergrückens erreichte ich den Cóndor und die dahinter liegende Aussichtsplattform.

Die Sicht ins Tal wechselte alle 10-30 Sekunden von komplett klar zu undurchdringliche Wolkenschicht und zurück. Ich genoss die Aussicht und gönnte mir eine Cola vom Kiosk, der von einer Familie geführt wurde.

Keine Ahnung, ob diese jeden Tag mit acht Personen dort ist oder nur, weil es Sonntag war. Ich unterhielt mich etwas mit zwei der Personen, soweit es mein Spanisch zuließ. Englisch ist in den kleinen Ortschaften hier doch recht selten, wo Spanisch zumeist erst die zweite Sprache der Menschen ist.

Danach folgte Tanz, erst durch die Einheimischen, dann gemeinsam. Indigene Volkstänze können schon recht lustig sein. Es hat Spaß gemacht!

Danach wurde Holzofen für das Mittagessen angeheizt, bevor eine kleine Gruppe mit mir zu einer zu einer Höhle aufbrach. In Serpentinen ging es knapp ein Viertel des Berges hinunter. Der Weg war schmal und teilweise waren Teile abgerutscht, sodass man große Schritte machen musste. Am Ende gab es eine Leiter, die zu der Felsspalte im Berg führte, in der vor vielen Jahren wohl mal Kondore gelebt haben. Inzwischen gibt es im Norden Südamerikas kaum noch welche und auch im Süden werden es weniger, weshalb der Andenkondor mit schätzungsweise weniger als 10.000 Tieren auf der Vorwarnliste der Gefährdung steht.

Ich erkundete die schmale Höhle, die rund 50 Meter in den Berg hineinführte, mit dem Licht meines Telefons, bevor wir alle vor der Höhle rasteten und die Aussicht genossen.

Als es anfing zu regnen, kehrten wir den steilen Weg zur Hütte zurück. Es hätte auch einen Weg nach unten zur Bahnstation gegeben, aber der sollte wohl sehr gefährlich sein und da der Zug sowieso nicht fuhr, entschied ich mich, später den gleichen Weg zurückzukehren. Dadurch verpasste ich dann den Blick auf die Teufelsnase. Der Cóndor-Aussichtspunkt befindet sich nämlich genau auf dieser.

Nach dem Mittagessen und als der Regen aufgehört hatte, machte ich mich auf den zweistündigen Rückweg, nun mit deutlich mehr Wolken, wenig Sicht und teilweise leichter Nebel direkt auf dem Weg. Dennoch kam ich problemlos wieder an.

Ich kann diese Wanderung wirklich empfehlen. Ich hatte einen schönen Tag, auch wenn mein Gesicht wieder mal komplett rot ist… 🙃

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